PATRICK ANGUS. PRIVATE SHOW – Kunst. Realität. Einsamkeit.

Ein Blick ins Fenster der Lebenswirklichkeit einer gesellschaftlichen Minorität. Die Kunst des amerikanischen Künstlers Patrick Angus gewährt uns einen tiefen und intimen Einblick in seinen Leben.  Wir besuchen das Kunstmuseum Stuttgart, das dem Künstler Patrick Angus, der 1992 mit nur 38 Jahren starb, drei Stockwerke widmet. Bis zum 8. April ist die Ausstellung mit über 200 Werken noch zu sehen. Mit seinen ausführlichen Studien des menschlichen Körpers und Eindrücken aus der New Yorker Gay-Szene in den 1980er-Jahren, legt er uns unverblümt, eindrucksvoll und stets als neutraler Beobachter seine Welt offen.

[…] die schwulen Männer sehnen sich danach, sich selbst zu sehen – in Filmen, Theaterstücken, im Fernsehen und in Gemälden. […] Wir müssen uns also selber darstellen. Darum geht es in meinen Bildern.“

In seiner Malerei und seinen Zeichnungen steht klar das schwule Leben im Mittelpunkt. „Ich“ durch Kunst ausgedrückt. Viele seiner Werke sind reale Abbildungen von Freunden oder Liebhabern, die ihm Ende der 80er Jahre in seiner New Yorker Wohnung in der 173 West 88th Street Akt-Modell standen. Auch die Aufnahme der räumlichen Umgebung: Möbelstücke, Pflanzen, Textilien schaffen eine intime, isolierte Atmosphäre und rauen Realismus. Explizite Szenen in Schwulenbars, Pornokinos oder Strip-Lokalen aus der freizügigen New-Yorker Schwulenszene, die vor der aufkommenden AIDS-Epidemie herrschte, dokumentierte Patrick Angus malerisch aus seinen Erinnerungen und Eindrücken heraus.


Wir lassen uns durch die Ausstellung treiben und streifen durch verschiedene Themenbereiche „Panorama“, „Freunde, Familie, Selbstbildnisse“, „Schwules Leben“, „Eros“, „Interieurs“, „Referenzen“, „Landschaften“ sowie „Bühnen, Bäder, Bars“ und erkennen dabei Angus‘ wandelbaren Stil – vom Naturalismus bis zur Reduktion auf minimalistische Linien. Vor allem die skizzenhaften Zeichnungen fesseln unsere Blicke.


Die gesamte Ausstellung umgibt eine melancholische, seltsam bedrückende Stimmung. Trotz der sehr realistischen, wertungsfreien Darstellungen Angus‘, taucht man beim Betrachten in eine Traumwelt ein. Verschleiert, melancholisch und verletzlich wirken die Werke auf uns.
Nahezu alle seiner Porträtierungen zeigen leere, träumerische Blicke, die Gefühle von Einsamkeit und unerreichbaren Sehnsüchten vermitteln.


Wir treffen einen Besucher, der unsere Eindrücke teilt.
„Ob Patrick Angus jemals glücklich war?“ fragt er uns. Diese Frage bringt uns zu einer Grundsatzdiskussion, ob wahre Kunst nur aus Verletzlichkeit und Sehnsüchten wachsen kann.


Angus‘ Werke sind zeitlos. Gegenwärtig ist seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Schwulen Leben noch immer lebendig und wichtig für Diskurse sexueller Diversität, Gender und Queer Studies und der immer lauter werdenden Frage nach der Verankerung sexueller Vielfalt in den Lehrplänen. Das Kunstmuseum Stuttgart bietet im Rahmen der Ausstellung unter anderem Workshops und offene Gespräche auf Augenhöhe von Jugendlichen für Jugendliche an. Sexuelle Vielfalt soll und muss gesellschaftliche Norm werden. Die Kunst als Ausdrucks- und Sensibilisierungsmittel für Offenheit und Toleranz.

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